Freitag, 23. März 2007

Eigenlob stinkt nicht,

sondern scheint nötiger denn je.
Sodass in diesen schwierigen Tagen der Selbstmotivation, gedrückt durch die unvorhersehbaren Regeln einer "Agentur", ich mich nun jedenfalls nach jedem Tagwerk loben werde.

Dienstag, 20. März 2007

Anruf aus dem All

Ich glaube, jedes, aber auch jedes Kommunikations-/ Rhetorik-/Präsentationssemar verkündet wie ein Mantra jene zwei „Grundwahrheiten“, dass nämlich a) der erste Eindruck entscheidend sei, den man bei anderen hinterlasse und b) Körpersprache, Ausstrahlung u.ä. viel entscheidender als Inhalte des von der so ausstrahlenden Person Gesprochenen. Gerne werden dann auch Wissenschaftlickeit erheischende Prozentzahlen genannt, die zwischen 80 und gar 90 Prozent zugunsten des ersten Eindrucks bzw. des nichtsprachlich Charismatisierten gehen.
Mir ist das immer unheimlich, allein deswegen natürlich schon, weil es als wirkmächtig annimmt, was sich weitgehend der Kontrolle entzieht. Der allererste Eindruck, wo man doch noch hunderttausende Eindrücke machen könnte, an denen sich feilen und nacharbeiten ließe. Aber nein, genau jener erste. (Und wann fängt der an? Ja nicht, wenn ich ihn herstelle, sondern genau dann, wenn die zu beeindruckende Person gerade anfängt wahrzunehmen…)
Und b) fragt sich dann natürlich, wofür man schwitzend da sitzt und all die schönen Inhalte zusammenfeilt, mit Denk- und Schreibblockaden kämpfend? Wo man doch eigentlich nur Eindruck machen müsste – und gar nur einen ersten? Wobei sich spätestens hier die Katze böse in den Schwanz beißt. Denn, wenn ich nicht mit einiger Sicherheit zu glauben vermag, dass, was ich sage, wichtig und durchdacht ist, dann ist die berühmte Ausstrahlung auch perdu.

Es geht um Mädchen

Ein seltsames Leseerlebnis habe ich tatsächlich mit Malin Schwerdtfegers Café Saratoga. Irgendwann gekauft, mit voller Absicht, nicht wie so manches Buch, das im Laden in die Hand schlüpft, weil es vielverprechend schon zum Sprung angesetzt hat. Dieses Buch rief nach mir in irgendeiner Werbung und allein, dass es auf Hel spielt, jener letzten polnischen Landzunge vor dem endgültigen Osten, reichte aus. Und natürlich wurde das Buch auch gelobt - in der Werbung.

Damals begann ich zu lesen und verhedderte mich, es sprach mich nicht richtig an, das Erzählte, der Stil. Nun habe ich es wieder zur Hand genommen - und aller Skepsis zum trotz ein wunderbares Buch gelesen. Poetisch und großartig. Und da bilde ich mir fast ein, ich selbst sei in der Zwischenzeit auch poetischer und großartiger, differenzierter und bestimmter geworden. Alles auf einmal. Und alles auf einmal ist jedenfalls dieses Buch.

Sonntag, 18. März 2007

...

Und wenn man nur einen gelungenen Satz hinkriegt, hat sich das Schreiben eines Romans schon gelohnt.

(Malin Schwerdtfeger)

...

Was ist schon ein Sozialfall gegen einen Notfall?

...

"Er ist mir so egal, dass mich noch nicht mal mehr sein Schnarchen stört."

Samstag, 17. März 2007

Wer weiß

bei uns schon, wie es im Iran aussieht?
Hier gibt es irre schöne Fotos.

German surprise

Wieder einmal habe ich die Nummer meiner Tanksäule vergessen. Fast klemmt mich die Schiebetür ein, als ich es merke. Ein paar Schritte muss ich zurück. Zum Schalter gehe ich dann sehr hastig, als müsste ich die auch für fremde Augen sichtbare Verzögerung exakt aufholen.
Den jungen Mann beachte ich kaum. Ich sage ihm die Nummer, jetzt weiß ich sie ja. Zigaretten noch. „Eine große rote Gauloise, bitte.“ Das war wieder mal zu schnell. „Wie bitte?“ Ich wiederhole. Er nimmt eine Schachtel und legt sie vor mich hin. Aus dem Lagerraum, unsichtbar, ruft ein Mann: „Du, du Pakistani, verstehst du nichts? Du kannst kein Deutsch, muss man dir alles zweimal sagen.“ Der Mann am Schalter, fast noch ein Junge, hellbrauner Teint, bleibt ziemlich ungerührt.“ „Ich bin aus Bangladesch“, brüllt er zurück, gelassen. Wieder aus dem Off „Wo bist du her? Ach, was weiß ich … aus dem Urwald, kann ich mir nicht merken.“
Da kommt der andere aus dem Lagerraum, klein, stämmig, strahlend … und rabenschwarz. Redet weiter: „Kannst gar kein Deutsch, was weiß ich, wo du her bist.“ „Wo sind Sie denn her?“, frage ich. Er wirft sich fröhlich in die Brust. „Aus Ghana“, sagt er stolz. „Ich bin aus Bang-La-Desch,“ sagt der andere. Dann abwinkend: „Aber ich habe deutschen Pass.“ „Ach ja, ich habe auch bald deutschen Pass. Dann habe ich deutschen Pass und kann besser sprechen als Du!“
Noch als ich rausgehe, lachen die beiden. Den Osten der Republik – und wohl auch so manchen provinziellen Landstrich im Westen – wo man solche Dialoge sicher nicht hört, beneide ich nicht.

[Edit] Dazu passt die Formulierung:
Immer mehr Menschen aller Haut-, Hosen- und Haarfarben

Freitag, 16. März 2007

Freitag Abend

Ich stürme aus dem Haus. Dicke Luft. Der Mann brät Forellen, dicke Luft davon und außerdem. Ich versuche etwas, worin ich früher supersouverän war: alleine in der Kneipe sein. Damals fühlte ich mich exotisch. Ich war wohl (nach Jahren) immer noch so neu Großstädterin, dass ich völlig unschuldig war. Ich hatte keinen Mann, sondern Männer und sowas wie einen Freifahrschein Schutzmantel. Jetzt umzirkle ich das Karree. Kaufe eine Zeitung. Entscheide mich gegen die kurdische Anarcho-Kneipe, obwohl die mir in ihrem verwegenen Nichtkommerz-Konzept die liebste gewesen wäre. Theoretisch. Ich gehe vorbei. Drinnen sitzen wenige Männer. Bis auf einen gefesselt vom Fernseher. Fußball. Einer brütet allein über seinem Bier. Mir zu heiß anstrengend, bin nicht mehr so souverän.
Die Kneipe an der Ecke, ganz schön voll schon kurz vor 8. Ich bestelle ein Kristall und packe meine Zeitung aus. Stellenanzeigen „lesen“, die ja doch nicht für mich geschrieben sind. Penetrant wiederholte Überlegung, ob ich ins Callcenter gehen soll. Nicht ernst gemeint, auch nicht so witzig. Dann denke ich an die P. aus dem Kurs. Die P. war im Krankenhaus, die kalten Knoten, die sie präventiv…, die waren dann doch schon bösartig. Aber noch im Frühstadium, hat sie mir gemailt. Glück im Unglück schreibt sie. Jetzt muss sie verarbeiten, nachdem sie einige Therapien durchgestanden hat. Die Krankenkasse lässt sie zum Glück ein paar Tage an die Ostsee. Ich bin froh, dass die P. so ist, wie sie ist. Ich denke intensiv an sie.
Wir werden was zusammen machen…
Die Kneipe füllt sich immer weiter. Die Kellnerin scheint mich zu kennen. Ich bin jetzt im Kiez. Das ist nicht mehr exotisch. Ich trinke das Bier leer. Falte die Zeitung zusammen. Schlendere nach Hause. Die Forellen sind gerade fertig. Sie sind sehr gut.

Kreuzstiche

Ich fühle mich von ihm dominiert. Sein Gebäude ist fest, fester als meins, im Fundament eindeutig und unveränderlich gebaut. Er mag meine Anregungen, aber sie sind Dekoration, ein kleiner Ziegel hier, ein fehlendes Stückchen dort, das er einbaut bei sich. Und immer wieder kommt er, der so sicher seine eigenen Pfade läuft, und will mich hineinziehen, greift über, auf meine Kreise, die ich dann lieber habe und schön finden will, je mehr er sie – auch für mich – zum unbekannten Land macht.
Ich fühle mich von ihm dominiert – und es ist ganz gleich, ob das eine Phase ist, die sich erklären lässt, ob von mir jenes Gefühl gar produziert wird, um von noch ganz anderen Gefühlen abzulenken. Es ist ganz gleich, denn ob der Faden ersonnen ist oder zufällig, an dem wir laufen, wir laufen daran.
Und ich laufe weg. Manchmal will ich nur noch die Distanz. Renne aus seinem Weg. Beginne es zu mögen, wenn er Besseres zu tun hat, als sich mit mir zu beschäftigen. Ich beleidige ihn. Und ich schreie. Ich schreie unwillkürlich. Es schreit aus mir heraus in einem einzigen Moment, den auch ich nicht erwartet habe. Er fürchtet das, es passiert ja nicht allzu selten, und ich verstehe durchaus, dass er das fürchtet. Dann entfernt auch er sich, notgedrungen, es entsteht eine Distanz, die endlich groß genug ist für mich.
Für ihn scheint es schlimmer zu sein. Emotional ist er leichter zu treffen, abgewiesen wird er schwach. Das Phänomen ist erstaunlich. Früher nämlich, mit einem anderen, da war es umgekehrt. Da war ich dominanter, selbstsicherer, fordernd. Und die Leidende, wenn ich jenen nicht mehr erreichte, da er es vereiteln musste, sich außer Reichweite brachte. Bis er ganz weg war. Er ließ meine Sehnsucht unerfüllt nach etwas Starkem, Präsentem. Nun geschieht es umgekehrt. Und es verblüfft mich, dass die, die dominant sind, die Abhängigeren sind, wenn man sie nicht lässt.

Mit anderen Bummeln

Alle Hotels sind zu und es gibt keine Klingeln. Erst zwei Betrunkene verraten uns, dass man einfach Klopfen muss und dann schon jemand aufmacht. Es funktioniert.

***

Man fühlt sich nicht unsicher oder unangenehm. Im Gegenteil. Man taucht ein in geballtes Leben. Die Atmosphäre ist sehr familiär, die Leute sind ausgesprochen freundlich und von einer "großen Humanität", wie es in Italien theatralisch heißt.

***

Ansonsten scheinen mir die Letten, zumindest in der Oeffentlichkeit, eher verschlossen und zurueckhaltend zu sein. Ein Lette schweigt lieber. Das trifft sich gut, das kann ich auf Lettisch eh am besten.

Donnerstag, 15. März 2007

Ein grottenschlechtes, ein wunderschönes Buch

„Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda. Schaute mich an wie ein reines Fragezeichen, seit Monaten in den verbliebenen Buchhandlungen der Republik. Einladender Klappentext, recht debiler Titel. Nun flatterte es mir ins Haus.
Ein Buch wie ein Film, ein Buch das mutmaßlich schon als Filmdrehbuch geschrieben ist. Literarisch häufig holprig, vermutlich sehr stümperhaft übersetzt. Unplausible Dialoge: Da wird einer eben noch als ungebildetes Raubein beschrieben – und erzählt seine Lebensgeschichte in feinsinnigster Reflexion. So mancher Dialog schwebte geradezu komplett unverständlich an mir vorbei. (Hätte hier gleich die Kameraeinstellung angegeben werden müssen oder eine typische Handbwegung sichtbar werden? Oder wieder die reinste Schnellübersetzung bei zufallenden Augen und dem dritten Glas Burgunder – so viele Seiten, so niedriges Honorar? Je ne sais pas.)
Wenn man also am Geschriebenen den eigenen Stil ausbilden will, kann die Lektüre eines solchen Buches durchaus toxisch sein. Ein Bestseller dennoch, ein Buch, das ich mir schnappte und das zu diesen ersten wirklichen Frühlingsgefühlen passte, das ich im Park zu lesen begann (danach musste der helle Mantel in die Reinigung), das ich, als es kühler wurde, im Bett weiter las, gar das Haus nicht mehr verlassen wollte und grantig auf Vorschläge, es zu tun, reagierte – bis die letzte Seite umgeblättert war und das Nirwana des hinteren Buchdeckels mich Schlafen ließ. Viele Seiten Wachtraum, durchkomponiert aus Wundern wie einer 300-Quadratmeter-Wohnung von unnachahmlichem Charme, übernatürlichen, verschütteten Begabungen, großen Trotzdem-Lieben und Menschen, die prinzipiell solidarisch sein wollen. Was ihnen im Wege steht, ist, was sie nicht können, ihr Verkorkstes, dennoch nur ein „Es war einmal“, das im Wachtraum langsam weggearbeitet, vielmehr eben spielerisch weggeträumt wird. Und darin so schön, so unglaublich schön.
Ich wünschte mich dahin, nach Paris, aufs Land beim fröhlichen Ausflug, in die Kneipe, für alle Begabungen gerade recht, lustig finanziert mit Geld, das plötzlich auftaucht. Und nein, doch nicht, natürlich nicht, denn es wäre nicht so, die Realität. Das gelesene Heilungsparisparadies geht schneller ins Blut, die filmreife Verwandlungskunst. Und in jedem richtigen Leben, noch so gelingend, würde man sich ein solches Buch wieder schnappen wollen, von Zeit zu Zeit, wenn es Frühling wird.
Oder sich selbst, wenn man kann, von Zeit zu Zeit Geschichten erzählen – und gegebenenfalls eine Kategorie anlegen, die heißt dann „Wachgeträumt“.

P.S. Gerade gefunden: „Eigentlich ist es ein Glück, ein Leben lang an einer Sehnsucht zu lutschen; einige sagen ja sogar, das ganze Leben sei nur dazu da, sich das Ferne, das Unbestimmte zu wünschen.“

Mittwoch, 14. März 2007

Ze do rock

Aber manchmal is das so, das man ein unglück fürchtet, das eigentlich vil kleiner is, als das unglück, das uns tatsächlich ereilt. Wenn man das große unglück erlebt und überlebt, sent man sich nach dem kleinen unglück, das man gefürchtet hat.

Montag, 12. März 2007

Der Text: Nicht-Ich-Doch

Ich weiß, dass solche blogs am beliebtesten sind, hinter denen der Schreiber, gleichfalls die Schreiberin sichtbar zu werden scheint. Also deren Persönlichkeit. Jedenfalls habe ich es immer so empfunden: Mehr und mehr wird da jemand durch die geschriebenen Texte hindurch zu einem Bekannten, einer Bekannten. Will ich das dieses Mal? Ich lasse es offen.
Ich bin nicht Claire, aber doch, ich schreibe Claire.
Nicht Ich? Doch.
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